Gestern war ich in der Ausstellung der Art and Science Klasse der Angewandten, in der “Factory” im Künstlerhaus Wien und sah dort eine gelungene Arbeit mit dem Titel “Folding imaginary landscapes” von Dunia Sahir. Zu sehen sind viele kleine Fotos nebeneinander, auf welchen eine Hand über einen Stoff streicht, und dadurch den Faltenwurf immer wieder verändert. Über den Titel gelangte ich schnell in den Beobachtungsmodus, unterschiedliche kleine Landschaften in den Faltenwürfen zu erkennen.
Mich erinnert das auch an eine andere Arbeit, die ich vergangenen Sommer im Centre Pompidou in der Ausstellung “Women in Abstraction ” gesehen hatte, die den Titel “Timing” trägt und von Dóra Maurer im Jahr 1973 gemacht wurde. Das Imaginäre und die Ästhetik des Faltenwurfs verbindet die beiden Arbeiten. Außerdem sind Wiederholung und Veränderung wichtige Bestandteile beider Arbeiten.
Unterscheiden tun sich die beiden Arbeiten aus meiner Sicht vor allem durch den Verweis auf die Landschaft bei Dunia Sahir, denn damit macht sie einen Schwenk in die Sphäre der Geografie, die es in Dóra Maurers “Timing” nicht gibt. Bei Maurer wiederum stellt der Titel der Arbeit den zeitlichen Aspekt in den Vordergrund.
Im Unterricht kann über die prozesshafte Herstellung von Geografie auf den zeitlichen wie räumlichen Bezug näher eingegangen werden. In einem Sandbett mit einem Stoff kann in Dreiergruppen überlegt werden, wie eine Landschaft aussehen soll, die sich die Gruppenmitglieder als lebenswert vorstellen. Hier gilt zunächst einmal, topografische Überlegungen anzustellen. Die Lehrperson kann den Gedankenfluss mit Fragen beflügeln wie: Wie gebirgig, wie flach soll die Landschaft sein, soll sie Schluchten aufweisen, spitze Grate, oder bloß hügelige Wölbungen? Außerdem sollte mit bedacht werden, dass die Topografie bei Gewässern nicht bloß zu einer flachen Ebene wird, sondern auch deren Untergrund aus Schluchten und Tälern besteht. Teil der Aufgabe ist es, die Lebensqualität für Tiere und Pflanzen mitzudenken, also nicht bloß die geeignete Topografie für eine Bebauung zu planen. Es lohnt sich wohl, erst noch Skizzen anfertigen zu lassen, und diese dann durch das Faltenwerfen zu erweitern.
Im fächerübergreifenden Unterricht mit Biologie und Geografie kann die Expertise anderer Fachlehrenden hinzugezogen werden.
Schließlich bietet es sich an, die entstandenen Landschaften mit Stoff-Steife oder mit einer Betonmischung zu fixieren. Hierzu habe ich zwei Herangehensweisen der Youtuberin “Glitzer Else” gefunden: https://www.youtube.com/watch?v=MoT6DxGGc1w
https://www.youtube.com/watch?v=QDn6H06DIpA
Die über Nacht getrockneten Landschaften können nun praktizierte Kartografie werden, indem die SuS die noch leere Landkarte bezeichnen.
Weitere Künstler_Innen, die sich mit imaginärer Kartografie auseinandergesetzt haben:
Jaune Quick-to-See Smith Joyce Kozloff Bella Geiger Vera Chaves Barcellos Margarita Paksa Rúrí Kathy Prendergast Anna Heringer Tiffany Chung Vivienne Koorland Grayson Perry Étienne Chambaud Mark Lombardi