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Richtige und gute Zeichnungen

Die SuS der 5. waren gestern im Kino und haben “Die Schachnovelle” in einer Neuverfilmung gesehen. Daher entschloss ich mich spontan dazu, Schach zum prägenden Element unserer Einheit zu machen. Ich platzierte ein Schachbrett mit Uhr in der Mitte und darum herum einen Tischkreis, an welchem sich die SuS platzierten und die in der Mitte Spielenden abzeichneten. Da jedes Spiel mit Uhr zu höchstens 10 Minuten gespielt wurde, zeichneten die SuS auch gegen die Zeit. Der Gewinner blieb am Platz, und so blieb über die fünf Spiele die gezeichnet wurden, immer F. am Platz, denn offensichtlich ist das ein recht guter Spieler.

Gezeichnet wurde mit Bleistift und Kohle. Ich zeige hier zwei Arbeiten von N. (erstes und drittes) und zwei von L. (zweites und viertes).

Beide gaben ihr Bestes, das Geschehnis einzufangen, wie sie es sehen konnten. L. ist sehr zufrieden mit ihren Zeichnungen, sie tritt diesbezüglich sehr selbstbewusst auf, und weiß um ihr Talent Bescheid. N. dagegen ist sehr unzufrieden. Er versucht es, und zwar immer wieder mit Ernsthaftigkeit, aber es gelingt ihm einfach nicht.

Am Ende der Stunde habe ich alle Zeichnungen an die Tafel geklebt, und die SuS haben sie sich angesehen. Ich wollte über die Qualitäten sprechen, die die Zeichnungen haben. Fraglos liegen die Qualitäten von Ls Zeichnungen im Realismus. Diese Zeichnungen (fünf) sind alle innerhalb von 10 Minuten entstanden, und oft war L. sogar fertig, bevor das Spiel zu Ende war! Ns Zeichnungen haben indes auch eine große Qualität. Diese Qualität hervorzuheben und als solche zu kennzeichnen ist die Aufgabe der Kunstlehrenden, denn dass die Zeichnung vom rein deskriptiven Realismus Abstand nimmt, ist der Verdienst der Moderne und bezeichnet einen der erfreulichsten Paradigmenwechsel der bildenden Kunst. Ich fragte in die Runde, ob jemand die Qualitäten von Ns Zeichnung nachvollziehen kann, und N. (eine andere N.) meldete sich. Ich bat sie, zu erklären, und sie beschrieb die erste hier abgebildete Zeichnung sinngemäß in etwa so: “Nur der Tisch und der Arm sind schwarz angemalt und das ganze ist im Eck vom Blatt und das Bein geht so verkrüppelt nach hinten, und das ist so anders, das hat sonst niemand so gemacht.”

Ns Beschreibung finde ich gut. Sie kehrt die Andersartigkeit als Qualitätsmerkmal hervor, und das ist es, was wir von Ns Zeichnungen lernen können. Ich fügte hinzu,- dass wenn die Kunst nach dem bewertet wird, was sie für Empfindungen und Erfahrungen in uns auslöst,- ganz andere Kriterien zählen, -und zum Beispiel viel wichtiger sein kann, dass etwas lustig und falsch aussieht, als richtig im Sinn eines Naturalismus. H. sagte: “das ist aber dann subjektiv, wenn nur das zählt, was die Kunst in einem auslöst” und ich meinte: “Ja, die Kunst ist eine subjektive Gschicht.”

Ich vergaß allerdings zu sagen, dass das nur eine Möglichkeit ist, an Kunst heranzugehen, und zwar die, die in der Tradition von John Dewey steht, während natürlich auch ganz andere Zugänge zur Kunst möglich sind, und werde das nächstes Mal noch anbringen.