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REFLEXIONEN ZUM FOTOWAHLMODUL

Langsam stellen sich Erkenntnisse zu einem gelingenden Foto- Wahlmodul ein. Eigentlich auf der Hand liegend ist die Notwendigkeit, die Namen der Geräte zu nennen, und sich ausreichend Zeit zu nehmen, alle ihre Funktionen zu erläutern. Hat ein Stativ eine Wasserwaage eingebaut, so ist es nicht selbstredend, dass diese auch benutzt wird,- es ist nötig, darauf hinzuweisen und zu ihrer Benutzung aufzufordern. Gleiches gilt für vermeintlich selbstverständliche Reflexionsprozesse. Es ist wichtig, solche Prozesse aktiv aufzurufen. Dazu gehören zum Beispiel an den Anfang von Prozessen Fragen wie:

  • “Wie leuchten wir ein menschliches Gesicht so aus, dass es spannend und ästhetisch gelungen ist, mit der technischen Herausforderung, dass der Hintergrund dabei komplett schwarz bleibt?”

  • “Wie inszeniere ich Alltagsobjekte als möglichst kostbar?”

  • “Wie inszeniere ich Alltagsobjekte so, dass sie innerhalb eines Fotos eine Geschichte erzählen?”

Am Ende des Prozesses sind die Fragen entweder einzeln oder gemeinsam zu beantworten, damit ein Lernfortschritt bewusst festgehalten wird. So lehnt sich der Unterricht an die wissenschaftliche Struktur von Erfahrung- Erkenntnis an.

Es hat sich herausgestellt, dass eine der nützlichsten pädagogischen Rahmungen die Verteilung von Aufgabengebieten ist, im folgenden Sinn: “R, du bist heute an der Handkamera für das Testfoto zuständig, M, du hältst heute die analoge Kamera, B, du bist für die Leuchte 1 verantwortlich, Y, du achtest auf die Leuchte 2, Q, du bist für den Weichzeichner zuständig, und F, du betreust den Abdunkler.

Das wesentliche pädagogische Element ist hierbei, dass die Person, die die Kamera bedient, sich al Hauptverantwortliche versteht. Sie gibt Anweisungen wie “Leuchte 1 etwas weniger Licht, und etwas weiter runter, Abdunkler etwas senkrechter” usw. Diesen Job einer zentralen Stelle, die die Anweisungen gibt, ist die verantwortungsvollste Aufgabe. Es ist wichtig, das von Anfang an klar zu stellen, damit nicht letztendlich die Lehrperson die Anweisungen ausspricht.

Die Arbeit mit Studioverhältnissen und einer “Portrait-Situation” empfiehlt sich, an den Anfang des Semesters gesetzt zu werden. So ist genügend Zeit, um von allen Schüler_Innen Negative zu erhalten, die sich nachher in der Dunkelkammer entwickeln lassen. Dass die Person das Foto entwickelt, welches sie selbst geschossen hat, ist für die Selbstwirksamkeitserfahrung sicher von Vorteil. (Die OAED- Förderungen, die es infolge der FPÖ Regierung vermutlich nächstes Schuljahr ohnehin nicht mehr geben wird, werden meist erst gegen Ende Oktober, November genehmigt, daher ist es ratsam, die Dunkelkammer zeitlich nach hinten zu schieben, und sich im Schießen von Fotos auf diesen Teil vorzubereiten.)

Erst nach einer gehörigen Tranche an praktisch-technischer Erfahrung,- und damit möglicherweise erst im zweiten Semester- empfiehlt es sich, auch Referate einzubauen.

Die Kosten des Foto-Wahlmoduls sollten transparent aufgelistet am Anfang des Semesters den Schüler_Innen präsentiert werden, etwa in der folgenden Art:

  1. Fotofilm… 15€ x6= 90€

  2. Fotopapier… 50 Blatt/168€

  3. Fotochemie… 70 €

  4. Ausstellungsbesuche mit Führung (ca. 2): 10€ pro Person

    dividiert durch 20 Schüler_Innen …= 26,50€

Nun ist auch schon ein vernünftiges Konvolut an Unterrichtsprojekten vorhanden. Das Nachstellen von schon vorhandenen Fotografien nimmt den Hauptteil ein. Wir lernen hier durch die wiederholte Nachahmung, während das Lernen bei dem Ausleuchten von Gesichtern ein versuchendes, forschendes und experimentierendes Lernen ist.

Insgesamt mache ich die Erfahrung, dass es besser ist, die Jahresstruktur nicht nach der klassischen Chronologie Recherche-Praxis-Reflexion zu unterteilen, sondern mit dem, was in den Köpfen der Schüler_Innen schon vorhanden ist, zuallererst in die Praxis zu starten. Die folgende Jahresstruktur ist provisorisch für das kommende Jahr geplant:

  1. Studiofotografie

    1.1. Einführung in die Studioausrüstung und das improvisierte Studio.

    1.2. Beleuchtungsstudium am menschlichen Gesicht (Portrait)

    1.3. Lehrausgang ins KHM zur Chiaroscuro Malerei und die Erforschung und Übernahme der Prinzipien barocker Lichtsetzungen.

    1.4. Erste Tranche an Abzügen (max. 2 Filme) in der Dunkelkammer. Während die erste

  2. Recherche

    2.1. Filme über Fotografinnen (Helmut Newton (The bad and the beauty), Elfie Semotan (https://www.vodclub.online/film/elfie-semotan-photographer/?gad_source=2&gclid=EAIaIQobChMIyLvS0cP9igMVeJRQBh193DboEAAYASABEgLFlPD_BwE) )

    2.2. Nachstellungen von Photographien

    2.3. Impuls-Referate zu Photograph_Innen (die SuS wählen die Photopositionen, in dem sie zuerst ein Photo aus dem verfügbaren Pool aussuchen, das ihnen gefällt, welches sie unter 2.2 nachstellen, und zu welchem sie schließlich die dahinterstehende photografische Position recherchieren und für ein Referat vorbereiten.

    Eine mögliche Auswahl für den Pool: Diane Arbus, Bernd und Hilla Becher, Anna und Bernhard Blume, Henri Cartier Bresson, Toni Frissell, Annie Labowitz, Man Ray, Helmut Newton, Cindy Sherman, Elfie Semotan, Edward Steichen, Alfred Stieglitz, Wolfgang Tillmanns, Jeff Wall, Miwa Yanagi.

    2.4. Die Jurybegründung des an Wolfgang Tillmanns vergebenen Turner Preises wird zusammen gelesen, und diskutiert. Bewertungskriterien für die Bewertung eigener und kollegialer Fotografie werden gefunden und festgehalten in einem Manifest.

  3. Praxis 2

    3.1 In Anlehnung an die Recherchephase schießt und entwickelt jeder Schüler 3 Photos.

    3.2. Eine Ausstellung wird konzipiert und umgesetzt (eventuell im Kulturzentrum Amerlinghaus?)

  4. Experimentelle fotografische Zugänge

    4. Den letzten Teil des Fotowahlmoduls bildet die Auseinandersetzung mit Cyanotypie, Fotogrammen, aber auch der Collage, und anderen künstlerischen Zugängen zur Fotografie.