Menschliche Kleinplastik nach Abdulrazaq Awofeso
Nachhaltige Kleinplastik nach Abdulrazaq Awofeso
Einführung
Das Hauptgeschäft bildender Kunst ist die symbolische Ebene. Auch Formalismen werden meist in ihrem Bezug auf ihre Wirkung, ihre Bedeutung und ihren Einfluss auf den Inhalt abgeklopft. Deshalb wird Nachhaltigkeit in der Kunst selten durch die materielle Basis der Bildwerke thematisiert. Nachhaltigkeitsdebatten werden folglich auf aufwendig produzierten Kunststoffplanen, anhand von Zeichnungen auf chlorgebleichtem Papier oder mittels energieaufwendiger Skulpturen etc. geführt. Immer mehr stellt sich die Glaubwürdigkeit einer solchen Debatte, die die Bedingungen ihrer eigenen materiellen Basis nicht mitdenkt, und künstlerische Positionen die sie mit denken, werden relevanter. So empfinde ich es bei Abdulrazaq Awofeso, dessen Arbeit ich diesen Sommer in der Birminghamer Ikon Gallery sehen konnte. (Dank an Martha May Ronson, deren FB Post mich zu dieser Reise bewogen hat).
Awofeso nutzt abgenutzte Paletten, um daraus Skulpturen zu fertigen. Er bemalt sie dann mit Acrylfarbe und dabei kommen solche Figuren heraus:
Das Awofeso seine Figuren mit Acrylfarbe bemalt, und Nachhaltigkeit im Begleittext zur Arbeit keine Erwähnung finden, zeigt zwar, dass dieser Aspekt für den Künstler offensichtlich nicht vorrangig war. Auch die Schlichtheit der Figuren und der Wert dieser Schlichtheit für kunstpädagogische Zugänge in den sonst oft einschüchternd spektakulären Bereich von Plastik und Skulptur wird im Ausstellungstext an keiner Stelle hervorgehoben. Doch an den Figuren wird nachvollziehbar, das eine gelungene Skulptur aus nicht viel mehr bestehen muss als einer gefühlvollen Komposition von Farben und Formen.
Vorgehensweise
Die Figuren eignen sich daher sehr gut zu einigen Doppelstunden lustvollen Zusammensetzens von Holzstücken aus der Restholzkiste, mit der Aufgabe, drei Skulpturen anzufertigen: Ein Portrait eines Klassenkollegen/ einer Klassenkollegin, ein Selbstportrait und eine frei erfundene Figur. Hierbei betone ich, dass es nicht darum gehen kann, Gesichtszüge realistisch nachzustellen, sondern Mode, Accessoirs und spezifische Attribute auf eine Figur verweisen können. Gerade dabei wieder auf eine abstrakte Ebene zu kommen, ist sowohl erleichternd als auch die Möglichkeit, in ein lustvollen Spiel der Bedeutung zu kommen und ihrem Zusammenhang mit der Gestalt.
Material:
Restholz
diverse Sägen
Raspeln, Feilen
Leim
Klemmen
Acrylfarbe
Pinsel
Die SuS sollen sich überlegen, wen sie portraitieren wollen, und entscheiden, welches einfach darstellbares Attribut wie Brille, Haarschnitt, Kleidung sie mit dieser Figur verbinden.
Die SuS sollen in der Restholzkiste stöbern und sich erste Stücke für ihre Skulptur erwählen. Die Größe einer Skulptur ist dabei entweder vorgegeben oder frei wählbar.
Sie können nun Holzstücke so kombinieren, wie es zu ihrer Plastik passt, und dabei Teile extra in Form sägen.
Anschließend wird an einen Hauptkörper alles Restliche angeleimt.
Eine Bedingung ist, dass die Figuren im Stande sind, zu stehen. Hierfür können sie auch auf ein Podest getuckert oder geleimt werden.
Ist die Figur fertig, wird sie bemalt. Auch hier gilt wieder, die Attribute der portraitierten Person im Auge zu behalten.
Ist die Figur vervollständigt, widmen sich die SuS den beiden anderen Kategorien.
Ist das Projekt abgeschlossen, ist in Anlehnung an Awofeso eine Aufstellung der entstandenen Figuren zu empfehlen, um auf diese Weise die Individuen als Gemeinschaft sichtbar werden zu lassen.
Durch die Portraits der Klassenkolleg_Innen ist mithin auch ein Klassenportrait entstanden, und als ‚Aufstellung‘ auch als ein Psychogramm klasseninterner Dynamiken weiterdenkbar.
Verortung im Lehrplan
Als Studierender sagten meine Didaktikprofessor_Innen mehrheitlich, ich solle Kunst und Design entsprechend technischem Werken und Bildnerischer Erziehung trennen, unter anderem, um die Legitimität der beiden Fächer aufrechtzuerhalten. Dabei bleibt allerdings der räumliche, plastische Zugang auf der Strecke, zumal die Schaffung von Skulpturen und Plastiken ja angewiesen ist auf Werkzeug, Material und räumliche Ausstattung, die meist nur im Werksaal gewährleistet ist. In diesem Projekt handelt es sich also um eine Arbeit, die dem Bildnerischen zuzurechnen ist (also nicht zur angewandten Kunst zu zählen ist), doch aber aufgrund der Raumausstattung im technischen Werkunterricht realisiert wird.
Im Lehrplan ist das Projekt durch die Einforderung verankert, nach welcher die Lehrperson auf die haptische Lebenswelt eingehen soll, wobei hier exemplarisch die Plastik angeführt wird. Die Plastik unterscheidet sich von der Skulptur wiederum durch den Arbeitsprozess: Entsteht die Skulptur durch Abtragen von Material, so schafft man eine Plastik durch Hinzufügen,- also Aufbauen.
Im Bereich der bildenden Kunst ist der vorliegende Plastikbegriff außerdem zu trennen in Klein- und Großplastiken. Vorliegend ist ein Projekt im Bereich der Kleinplastik.
Weiterführende Recherchen
Weiters mit menschlichen Kleinplastiken haben sich Künstler_Innen wie Tecla Tofano, Beatrice Wood und der Wiener Künstler Leo Mayer beschäftigt. Claudette Schreuders ist im Bereich der Kleinskulptur tätig.